Aus der Geschichte der Holtheimer Mühle
Bearbeitet von Markus Müller
1. Die Mühle und ihre Besitzer
1.1. Von den Ursprüngen bis zur Familie Schilling
Der
Ursprung der Mühle liegt, wie so oft, im Dunkel der Geschichte. Erstmals erwähnt
wird die Mühle in einem „Verzeichnis der Mühlen und Müller im Canton Lichtenau
und Atteln“ von 1830 (Erzbischöfl. Akad. Bibliothek Paderborn, Act. 330). Otto
Meisner wird in der Auflistung als Müller genannt. Wie alt die Mühle damals war
und ob Meisner Eigentümer oder nur Pächter war, bleibt ungeklärt. In den Akten
taucht sie erst im Jahre 1854 wieder auf (s.u.) Der Müller Johann Michels
wollte die bestehende Mahlmühle um eine Öl- und Graupenmühle erweitern, wozu
der Einbau eines zweiten Wasserrades erforderlich war. Dieses Ansinnen gefiel
nun einigen Holtheimer Bauern als Wiesenanliegern gar nicht. Sie hatten richtig
erkannt, daß mit einem zweiten Gerinne auch beide Räder gleichzeitig betrieben
werden konnten, wozu natürlich auch mehr Wasser benötigt und dem Bachlaufe
entzogen werden würde. Michels hatte aber bereits angegeben, die Räder und
damit die Mahlwerke nur wechselweise laufen lassen zu wollen. Diese seine
Einschätzung war durchaus richtig und die Befürchtung der Anlieger eine sehr
theoretische. Der Kraftbedarf eines Steinganges in der Mahlmühle bzw. von
Stampfwerk und Kollergang der Ölmühle oder des Schälganges in der Graupenmühle
ist jeweils mit etwa 5 Pferdestärken so hoch, daß das wenige Wasser des
Hasebaches jeweils nur ein Gewerk treiben kann. Trotzdem legten die Ackerwirte
Arnold Günther, Martin Meier und Bern(h)ard Schlender bei der Amtsverwaltung in
Lichtenau Widerspruch ein, da sie befürchteten, daß ihnen das zur Bewässerung
ihrer Wiesen dienende (und auch zustehende) Wasser entzogen würde. Hierbei ist
anzumerken, daß das „Flößen“ der Wiesen vor Einführung des Kunstdüngers eine
sehr wichtige wachstumsfördernde Maßnahme war. Der Lichtenauer Amtmann greift
vermittelnd ein und empfiehlt der Regierung in Minden, die Konzession nur unter
der Auflage zu erteilen, daß Michels die Triebwerke nur im Wechsel betreiben dürfe.
Ab hier wird die Aktenlage leider etwas lückenhaft, Michels scheint aber der
langwierigen Streiterei überdrüssig geworden zu sein. In einem weiteren Brief
des Lichtenauer Amtmannes an die Mindener Regierung vom 6.10.1854 heißt es,
Michels habe die Mühle verkauft (an wen, ist leider derzeit ebenfalls
unbekannt) und die hiesige Gegend verlassen. Die geplante Erweiterung ist
danach ebenfalls nicht mehr durchgeführt worden.
Erst
im August 1868 wurde die Mühle von dem Müller Joseph Drolshagen aus der Neuen Mühle
in Husen gekauft. Dieser beabsichtigte, die inzwischen recht baufälligen Gebäude
abreißen und neu aufführen zu lassen, was ihm am 25. September des Jahres auch
genehmigt worden ist. Die Mühle wurde daraufhin als Fachwerkbau mit einer
Grundfläche von 16 x 12,7 Metern neu errichtet. Das Untergeschoß der
Giebelseite mit dem Wasserrad war massiv aufgeführt. Hinzu kam noch eine
unterhalb gelegene Scheune von 9 x 5,6 Metern Grundfläche sowie ein Backhaus
von 6,7 x 5 Metern Grundfläche. Über die technische Einrichtung der Mühle
wissen wir wenig. Der Antrieb erfolgte über ein oberschlächtiges Wasserrad,
dessen Durchmesser sich mit etwa 5,5, bis 5,6 Metern rekonstruieren läßt, da
der Höhenunterschied zwischen Gerinnesohle und Untergrabensohle 5,64 Meter
betragen hat (s.u.). Dem Rad wurde das Wasser durch einen etwa 300 Meter langen
Obergraben zugeführt, der mittels eines Überfallwehres aus Sandstein vom
Hasebach abgezweigt war und kurz vor der Mühle eine teichartige Ausweitung
aufwies, um zusätzlich Betriebswasser anstauen zu können. Aufgrund der verfügbaren
Wassermenge dürfte die Mühle mit zwei Mahlgängen gearbeitet haben,
wahrscheinlich einen für Futterschrot und einen für Backmehl. Der Betriebszeit
entsprechend dürfte der Mehlgang über einen sogenannten Sechskantsichter verfügt
haben, mit dessen Hilfe Mehl und Kleie nach der Vermahlung voneinander getrennt
wurden. Joseph Drolshagen blieb einige Jahre Eigentümer der Mühle, 1881
verkaufte er sie an die Müllerfamilie Schilling aus Baldeborn bei
Remblinghausen.
Plan der von Joseph Drolshagen neu errichteten Mühle.
[Quelle: Staatsarchiv Detmold, Signatur M 1I U Nr. 666]
1.2. Die Mühle im Eigentum der
Familie Schilling
Der
neue Besitzer August Schilling entstammte einer Müllerfamilie mit recht
bewegter Vergangenheit.
Über
das weitere Schicksal der Familie Schilling und der Mühle sind wir sehr gut
unterrichtet, da der älteste Sohn, August Schilling jun., eine sehr
umfangreiche Familienchronik erstellt hat, die noch erhalten ist und uns das
Leben in der Mühle und im nahen Dorf Holtheim eindrucksvoll schildert. Auch
August Schilling sen. hatte wohl mit der Mühle seine liebe Last, war der reine
Mühlenbetrieb doch aufgrund seines geringen Umfanges nicht geeignet, die
Familie zu ernähren. Sehr bald schon kam neben Mühle und Landwirtschaft daher
der Verkauf von Flaschenbier und eine Art Sommerwirtschaft hinzu, die eine
Nebeneinnahme sicherstellten. Das Bier wurde von der Brauerei in Westheim
bezogen. Ältere Holtheimer berichteten oft, die heimkehrenden Waldarbeiter
seihen vor dem Anstieg ins Dorf gern in der Mühle eingekehrt, und auch an den
Sonntagen sei sie ein beliebtes Ausflugsziel für Groß und Klein gewesen. Unter
anderem baute August Schilling jun. in jenen Jahren ein Karussell für die Gäste
(s.u.). Auch manche technische Verbesserungen an der Mühle gingen auf seine
Initiative zurück. Problematisch für den Mühlenbetrieb war die oberhalb in
Marschallshagen gelegene Stampf- und Schleifmühle der Glashütte. Durch deren
großen Stauteich war der Holtheimer Mühle in der Einstauzeit fast das ganze
Betriebswasser entzogen, weshalb August Schilling sen. Mehrere erfolglose
Eingaben an die Behörden machte. Da aber die Tengesche Mühle wasserrechtlich
legal betrieben wurde, war in dieser Angelegenheit für ihn nichts auszurichten.
Pächter der Marschallshagener Glasfabrik war in jenen Jahren Johannes Köster.
Nach
August Schillings Heirat und Übersiedlung nach Beckum übernahm sein Bruder
Johann Schilling die Mühle. Ihr Ende kam im Jahre 1908. Die Ortschronik für
August des genannten Jahres bemerkt lapidar: „Am 19. brannte die Holtheimermühle
ab, die Entstehungsursache ist unaufgeklärt geblieben.“ Ein Wiederaufbau der Mühle
erfolgte nicht, die Holtheimer waren hinfort gezwungen, die Wassermühlen in
Lichtenau in Anspruch zu nehmen. Einige wenige ließen auch auf der „Ölmühle“ in
Husen ihr Getreide mahlen.
2. Akten zur Geschichte der Holtheimer Mühle
2.1. Projektierte Anlage
einer Öl- und Graupenmühle, 1854
Holtheim im Kreise Büren am 9. März 1854
Veränderung an der Mühle des Müller Michels dahier
betreffend.
Einer königlichen hochlöblichen Regierung erlaube ich mir
Folgendes ganz gehorsamst vorzutragen.
Ich besitze in Holtheim eine Wassermahlmühle mit einem
oberschlägigen Wasserrade und ist diese die einzige in der Gemeinde Holtheim.
Das Bedürfniß erheischt es, daß in hiesiger Gemeinde eine Öl und Graupenmühle
angelegt wird. Es ist daher mein Wille, diese neu anzulegen. Es soll bloß eine
kleine Wasserrinne neben der jetzigen Mahlmühlenrinne angelegt, auch ein
zweites Wasserrad muß angelegt werden. Letzteres erhält eine erforderliche
Welle von Holz. Die Ölmühle soll eine Presse erhalten. An der Bewegung des
Wassers wird nichts verändert, indem weder eine andere Betriebsstätte genommen,
noch eine Änderung in der Aufstauung des Wassers vorgenommen wird, denn es soll
die Mahlmühle mit der Öl und Graupenmühle nur wechselseitig betrieben werden.
Wie die gehorsamst anliegende Handzeichnung ergiebt, wird die Öl und Graupenmühle
mit der Mahlmühle durch Anbau unbedingt in Verbindung gebracht und ist die
letztere daher wohl nur eine Veränderung.
Die Anlegung neuer Anlagen bedarf nach § 28 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung nur
der Genehmigung Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung und bitte Hochdieselbe
ich ganz gehorsamst diese meine Ansicht quiae[?] bestätigen zu wollen.
[gez.]
Johann Michels.
[Quelle: Staatsarchiv Detmold, Signatur M 1 I U Nr. 666]
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Der Müller Johann Michels zu Holtheim beabsichtigt, an seiner
oberschlägigen Mahlmühle eine Veränderung dahin vorzunehmen, daß an der
vorhandenen Mahlmühle noch ein Oel- und Graupengang als Wechselwerk jedoch ohne
Veränderung des Wasserstaues angebracht werde. In Gemässheit des § 29
der Allgemeinen Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 wird dies mit der
Aufforderung zur öffentlichen Kenntniss gebracht, etwaige Einwendungen gegen
die bezeichnete Mühlenveränderung binnen 4 Wochen Präclusiv- Frist bei
mir anzumelden und zu bescheinigen.
Lichtenau, d. 20. März 1854
Der
Amtmann [gez.] Schnückel
[Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte B 464.]
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Lichtenau 22ten April
1854
Erschienen
Die Ackerwirte Arnold Günther, Martin Meier und Bernard
Schlender aus Holtheim und trugen vor:
Der Müller Johann Michels in Holtheim beabsichtiget an seiner
oberschlägigen Mahlmühle eine Veränderung dahin vorzunehmen, daß an der
vorhandenen Mahlmühle noch ein Oel- und Graupengang als Wechselwerk angelegt
werde. Wir haben oberhalb der Mühle des Michels Wiesen liegen und von jeher das
Recht ausgeübt, diese Wiesen mit dem Wasser des Mühlenbaches, auf welchem die Mühle
liegt, zu beflössen. Das der g. Michels ein Wasserrad ununterbrochen in
Betriebe hat, dagegen können wir nicht protestieren, wohl aber dagegen, daß er
2 Wasserräder zugleich in Benutzung setzt. Wir bitten daher, dem Michels nur
die Concession dahin ertheilen zu wollen, daß er, wenn auch 2 Wasserräder
vorhanden, diese aber nicht zugleich in Betrieb setzen darf.
[Es folgen die Unterschriften der Petenten und des Amtmannes
von Lichtenau. Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte B 464. ]
Verhandelt
Lichtenau, den 20ten Mai 1854
Auf Vorladung erschien der Müller Johann Michels aus
Holtheim, welchem die vorstehende Verhandlung bekannt gemacht wurde. Derselbe
erklärte: daß er den genannten Personen das Recht, den Mühlenbach zur Bewässerung
ihrer Wiesen zu benutzen, nicht einräumen könne und [unleserl.] hinsichtlich
der Richtigkeit der gemachten Angaben erwarten[?] müsse. Uebrigens werde
es auch mit Rücksicht darauf, daß nicht besonders viel Wasser vorhanden sei,
selten vorkommen, daß er beide Gänge gleichzeitig in Betrieb setzen könne.
[Es folgen die Unterschriften des Johann Michels und des
Amtmannes. Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte B 464.]
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Lichtenau den 24ten Juli 1854
Mühlenanlage des Johann Michels zu Holtheim
Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung verfehle ich nicht
bei Rückreichung des hochverehrten Marginal-Rescripts vom 13. März die ganz
gehorsame Anzeige zu machen, daß die öffentliche Bekanntmachung bezüglich der
Anlegung eines Öl und Graupenganges, seitens des Müllers Johann Michels zu
Holtheim erfolgt ist.
Gegen die Anlegung dieser Mühlenwerke haben die Ackerwirthe
Arnold Günther, Martin Meier und Bernard Schlender zu Holtheim nach Ausweis der
beiliegenden Verhandlung vom 22ten April Protest erhoben und angegeben, daß
wenn die Mühlenwerke mit der bereits vorhandenen Mahlmühle gleichzeitig in
Betrieb gesetzt werden würden, ihnen dadurch das zur Bewässerung ihrer oberhalb
der Mühlen des Michels belegenen Wiesen nothwendige Wasser entzogen werden würde.
Diese Einwende dürften zwar meines Erachtens keinen
gesetzlichen Grund abgeben, dem p. Michels die nachgesuchte Conzession zu
versagen; indessen steht jenen Personen nach dem Gesetze vom 28ten Februar 1843
allerdings das Recht zur Benutzung des Mühlenbaches zu dem angegebenen Zwecke
zu und damit dieselben in Ausübung dieser Befugniß nicht gestört werden, stelle
Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung ich ehrerbietigst anheim, dem p.
Michels die Conzession mit der Maßgabe zu ertheilen, daß die Mühlenwerke nur
abwechselnd und mit einem Mühlenrade in Betrieb gesetzt werden können wenn
anders nicht angenommen wird, daß die Einwendungen [unleserl.] rechtlicher
Natur und solche daher zur richterlichen Entscheidung zu verweisen sind.
Der p. Michels hatte vor längerer Zeit das Projekt aufgegeben
und bei mir den Antrag gestellt, die Sache zur Vermeidung weiterer Kosten ruhen
zu lassen. Jetzt ist von demselben aber der Antrag um Ertheilung der Conzession
erneuert worden.
Der
Amtmann [gez.] Schnückel
[Quelle: Staatsarchiv Detmold, Signatur M 1 I U Nr. 666]
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Lichtenau, den 6ten October 1854
Die Mühlenanlage des Michels zu Holtheim betr.
Einer Königlichen Hochlöblichen Regierung verfehle ich nicht,
bei Rückreichung des hochverehrten Marginal-Reskripts vom 1. August die ganz
gehorsame Anzeige zu machen, daß ich den Müller Michels nach Ausweis der den
beiliegenden Verhandlungen beigefügten Verfügung bereits am 9. August
aufgefordert habe, den verlangten Situationsplan einzureichen.
Dieser Verfügung ist der p. Michels aber nicht nur nicht
nachgekommen, sondern er hat auch inzwischen die fragliche Mühle verkauft und
die hiesige Gegend verlassen.
Unter diesen Umständen dürften die Verhandlungen zu [unleserl.]
sein.
Der
Amtmann [gez.] Schnückel
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Die mittelst Berichts vom 6ten d. M. Nro. 2725 eingereichten
Verhandlungen in Interesse der Veränderung der Mühle des Michels zu Holtheim,
senden wir Euer [unleserl.] mit dem Bemerken zurück, daß nachdem der
Provokant die Mühle verkauft hat, anzunehmen ist, daß er von dem angemeldeten
Project Abstand genommen hat. Den widersprechenden Interessenten ist dieses
bekannt zu machen und sind [unleserl.]
Minden, den 27ten October 1854
Königliche Regierung, Abtheilung des Innern
[Unterschrift unleserlich. Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte
B 464.]
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An den Herrn Amtmann Schnückel Wohlgeboren zu Lichtenau mit
dem ergebenen Bemerken zurück, daß den genannten Personen von der Sache Kenntniß
gegeben ist, und daß der g. Michels die Graupenmühle schon angelegt hat.
Holtheim, d. 29ten November 1854
Der Vorsteher [gez.]
Günther
[Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte B 464]
2.2. Neubau der Holtheimer Mühle, 1868
Lichtenau, den 1ten Juli 1868
Erläuterungs-Bericht betreffend die neue Einrichtung und
Umbau einer Mühle nebst Wohnhaus bei Holtheim, durch den jetzigen Besitzer Müller
Joseph Drolshagen zur Neuenmühle bei Husen.
An dem Holtheimer Mühlenbache, welcher von Marschallshagen in
der Richtung nach Amerungen und Husen herabfließt, liegt die sogenannte
Holtheimer Mühle, welche seit Jahren ganz in Verfall gerathen und kaum mehr in
Betriebe war. Die Mühle ist nunmehr durch den Müller Joseph Drolshagen käuflich
erworben, und beabsichtigt jetziger Besitzer, die Mühle nebst Wohnhaus vollständig
neu zu bauen, und zwei Mahlgänge, welche durch ein Oberschlächtiges Wasserrad
in betrieb gesetzt werden einzurichten. Die neue Einrichtung ist demnach einen
Neubau gleich zu achten jedoch soll an dem seit langen Jahren bestehenden
Wasser-Verhältnissen, namentlich an der Lage des Ober- und Untergrabens, an dem
Gefälle ectr. nichts verändert werden.
Das Zuleitungsgerinne ist aus Bohlen gefertigt, und ist die
Sohle des von dem früheren Wasserrade noch unverändert liegenden Gerinnes durch
einen starken Fixpfahl von Herrn Kreisbaumeister Hammacher zu Büren
festgestellt, sowie das Nivellement des Baches von demselben ausgeführt. Diese
Sohle des Gerinnes liegt 18 Fuß [etwa 5,6 Meter] über der Sohle des
Untergrabens und wird auch dieses seit langer Zeit bestehende Gefälle bei dem
Umbau nicht verändert, der Mühlengraben wird fast ausschließlich von Wiesen
begrenzt und hat derselbe fast durchgängig [unleserl.] Ufer. Die
durchschnittliche Breite desselben beträgt 3 1/2 Fuß [etwa 1,10 Meter] und
die durchschnittliche Tiefe des Wassers 1 Fuß [etwa 31 Zentimeter]. Im
Sommer, bei anhaltender Dürre hört der Zufluß des Wassers gänzlich auf, beim
Hochwasserstande tritt das Wasser auf die Wiesen und wird durch den
Umfluthgraben abgeleitet.
Besondere Stauvorrichtungen werden nicht angelegt, vielmehr
wird sämmtliches zufließendes Wasser ohne Aufstau zum Betriebe der Mühle
verwendet. Beim Stillstande der Mühle wird dasselbe durch eine in der
Seitenwandung des Gerinnes anzubringende Schütze in den Untergraben geführt.
Weder oberhalb noch unterhalb der Mühle sind Stauwerke
vorhanden. Da der Wasserspiegel durch keine Staumarke bestimmt wird, derselbe
vielmehr mit den jedesmaligen vorhandenen Wassermengen variirt, so ist ein
Merkpfahl für denselben nicht vorhanden.
Die Einrichtung der Mühle und des Mühlengebäudes ist durch
einen Grundriß auf dem Plan angedeutet. Auf Grund dieser Festsetzungen und
Aufnahmen wird ganz gehorsamst um die Concession zu dem Umbau und der neuen
Einrichtung der sogenannten Holtheimer Mühle gebeten.
Fr. Sarrazin
Zimmermeister
[Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte B 464]
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Büren, den 20. August 1868
Mühlenbau des Müllers Drolshagen zu Holtheim betreffend
An die Königliche Hochlöbliche Regierung, Abtheilung des
Innern, zu Minden. No. 4200
Der Müller Joseph Drolshagen zu Holtheim hat die dortige ganz
baufällige Mühle angekauft und beabsichtigt er, dieselbe abzubrechen und neu
wieder aufzuführen. Die Wasserbetriebs-Verhältnisse bleiben von dieser Erneuerung
ganz unberührt und bleiben dieselben ganz in demselben Zustande, wie sie bisher
waren. Stauvorrichtungen sind überhaupt nicht vorhanden. An der Lage des Ober-
und Untergrabens, an dem Gefälle der Sohle des Gerinnes p. p. wird nichts geändert.
Dem Ermessen Königlicher Regierung stelle ich daher
gehorsamst anheim, ob nach dem Antrage des p. Drolshagen auf Grund des § 10 des
Gesetzes vom 1. Juli 1861 nicht von der im § 3 l. c. vorgeschriebenen öffentlichen
Bekanntmachung der obigen Anlage Abstand genommen werden kann.
Die vorgeschriebene Zeichnung und Beschreibung der neuen Mühlen-Anlage
ist in duplo [d.i. in doppelter Ausfertigung] beigefügt.
Ein Merkpfahl [gibt die zulässige Stauhöhe des Wassers an]
ist noch nicht gesetzt, was, wenn es für erforderlich erachtet wird, noch
geschehen muß.
Der
Königliche Landrath. In Vertretung [Unterschr.
unleserl.]
[Quelle: Staatsarchiv Detmold, Signatur M 1I U Nr. 666]
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Minden, d. 25. September 1868
Dem Müller Joseph Drolshagen zu Holtheim, Kreis Büren, wird
hierdurch die nachgesuchte landespolizeiliche Erlaubniß ertheilt, die an dem
Holtheimer Mühlenbache belegene sogenannte Holtheimer Mühle unter folgenden
Bedingungen abzubrechen und wieder neu aufzuführen:
1, Die eingereichten Zeichnungen und Beschreibungen, welche
dem Kreisbauamte unterm 7. Juli zur Revision vorgelegen haben, sind der
beabsichtigten Anlage zu Grunde zu legen.
2, Zur Feststellung der Stauhöhe ist ein Merkpfahl zu setzen.
3, Bevor die Anlage in Betrieb gesetzt werden darf, ist unter
Beachtung aller dafür einschlagenden polizeilichen und sonstigen Verordnungen
namentlich auch der gesetzlichen Bestimmungen wegen der Gewerbesteuer, die
concessionsmäßige Ausführung derselben durch ein von dem Kreisbaubeamten
auszustellendes Attest nachzureichen.
L.
S.
Königliche Regierung
Abtheilung des Innern
gez.
Becker.
[Quelle: Amtsarchiv Lichtenau, Akte B 464]
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Büren den 5. December 1868
An den Müller Joseph Drolshagen zu Holtheimer Mühle
Umstehend erhalten Sie Abschrift der Verhandlung am gestrigen
Tage zu Ihrer Benutzung.
Der Königliche Landrath
gez. von Brenken
Verhandelt auf der Holtheimer Mühle am 4. December 1868
In Sachen betr.: Die Regulierung der Fluthverhältnisse der
umgebauten Holtheimer Mühle, jetzt im Besitze des Joseph Drolshagen, hatte der
unterzeichnete Landrath zur Setzung des Merkpfahles in Verfolg der Verfügung Königlicher
Regierung zu Minden vom 25. September No 2534 U.F.I auf heute Termin anberaumt.
Anwesend waren:
1, Der Königliche Kreisrichter Herr Schmitz aus Lichtenau,
2, Der Königliche Kreisbaumeister Herr Hammacher aus Büren,
3, Der Mühlenbesitzer Joseph Drolshagen von hier
4, Die hierneben aufgeführten Adjacenten [d.i. Anlieger]:
1, Herr Max Petri
2, Herr Förster Günther von Marschallshagen als Bevollmächtigter
des
Rittergutsbesitzers Tenge
3, Ackerwirth Anton Günther
4, " Conrad Günther
5, " Ludwig
Schaefers
sämmtlich aus Holtheim.
Sämmtliche Erschienene begaben sich an die oberhalb der Mühle
belegene Stelle, an welche der Merkpfahl gesetzt werden sollte, hier angelangt,
wurde der Merkpfahl 1,5' vom Anfange des hölzernen Mühlengerinnes eingesetzt,
und ist der Kopf desselben 0,56' über der Sohle des Mühlengerinnes
eingetrieben. Als zweite Höhe ist derselbe 0,86' über der Sohle des Gerinnes
neben der Mühle. Die erstgenannte Höhe der Sohle der Rinne stimmt mit der früheren
vollständig überein. Ein eigentlicher Fachbaum ist nicht vorhanden, weil keine
Freiarche[?] da ist. Nach
Ueberzeugung des Herrn Kreisbaumeisters Hammacher ist die vorhandene Höhe des
Merkpfahls durchaus angemessen und die Wasserhöhe nicht im Stande, weder
oberhalb, noch unterhalb der Mühle den Adjacenten einen Grund zur Beschwerde
abzugeben.
Die anwesenden Adjacenten erkennen dieses und die Setzung des
Merkpfahles hiermit als vollzogen an und erklären, daß sie Nichts weiter zu
erinnern haben.
Der mitanwesende Herr Kreisrichter Schmitz aus Lichtenau war
dem Gange des Geschäftes gefolgt und erklärte sich mit demselben überall
einverstanden
Es folgen die Unterschriften des Landrates sowie aller
Beteiligten. Quelle: Amtsarchiv Lichtenau,
Akte B 464. Ein Schreiben mit demselben Wortlaut an die
Regierung in Minden befindet sich unter Signatur M 1 I U Nr. 666 im
Staatsarchiv Detmold.
2.3. Streit um die Staurechte der Stampfmühle, 1888
Quelle des nachfolgendes Schriftwechsels: Amtsarchiv
Lichtenau, Akte B 464.
An den Herrn Rittergutsbesitzer Tenge Wohlgeboren zu Rietberg
Das Königliche Landrathsamt zu Büren hat die Vorlage der
Concessions-Urkunde über den Betrieb der Stampf- u. Kohlenmahlmühle [sic!] zu
Marschallshagen, mit welcher in neuerer Zeit auch eine Glasschleiferei
verbunden ist, verlangt, weil der Müller August Schilling zu Holtheim sich
durch die Glasschleiferei bedingte Aufstauung des Wassers beschwert fühlt,
weshalb ich um gefällige Vorlegung Ihrer [hier bricht das Schreiben leider
ab.]
Schillings Beschwerde wird nicht unbegründet gewesen sein. Während
die Stampfmühle aller Wahrscheinlichkeit nach nicht täglich in Betrieb war,
wird dies nach Anlage der Schleiferei wohl der Fall gewesen sein. Da die
Stampfmühle im Schwallbetrieb mit Stauteich arbeitete, fiel der Bach in der
Aufstauphase des Teiches natürlich trocken und der Holtheimer Mühle des August
Schilling stand nur das wenige Wasser aus dem Tiefen Bruch sowie etwas
Quellwasser zur Verfügung.
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An den Herrn Amtmann Wieneke, Wohlgeboren, Lichtenau
Ew. Wohlgeboren erwiedere auf das gefl. Schreiben de. 13 c
Nr. 2006 ich ergebenst, daß, gelegentlich eines Feuerschadens in der
Registratur[?] des Guts Niederbarkhausen im Jahre 1848 die Anlagen der
Glashütte Marschallshagen betreffenden Acten [unleserl.] abhanden
gekommen sind, ich daher zu bedauern habe, mit dem gewünschten Schriftstücke
nicht dienen zu können. Sollte das nahe zu 50.jährige Bestehen der Glashütte
mit [unleserl.] neben den [unleserl.] Bestimmungen wegen
Benutzung[?] von Wasser, innerhalb des Gutsbezirkes im concreten Falle,
eine hinlängliche Gewähr für die Stampfmühle und Schleiferei nicht bieten, so dürfte
dem Müller Schilling der Umstand zur Beruhigung dienen, daß keiner seiner
Vorbesitzer seither gegen das bestehende und auch stets ausgeübte Staurecht
Widerspruch erhoben hat, dieses sogar in dem vor Königl. General-Commission
abgeschlossenen Reparations-Recesse de 28. October 1848 Art. III [unleser.] ausdrücklich
vorbehalten, und anerkannt worden ist.
Schloß Holte den 16. August 1884 (gez.) Tenge
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An den Müller August Schilling zu Holtheim
Büren, 10. September 1884
Die in Folge Ihrer hier unterm 5. Juni angebrachten
Beschwerde angestellten amtlichen Ermittlungen haben ergeben, daß der Betrieb
der auf der Glasfabrik Marschallshagen befindlichen Stampf- und Kohlenmahlmühle[sic!]
bereits im Jahre 1834 eingerichtet und durch den jetzigen Pächter derselben
keine Änderung in der Lage und
Beschaffenheit, der Betriebsstätte durch Einrichtung derselben zur
Glasschleiferei vorgenommen worden ist mithin die Betriebsstätte der
Concessionspflicht nach Maßgabe der Gewerbe-Ordnung um so weniger unterliegt,
als auch das Recht zur Stauung des Baches bereits durch den Separationsrezeß
der Gemeinde Holtheim vom 28. October 1848 gesetzlich gesichert ist.
Der Königliche Landrath
Fr. von Oeynhausen
Gesehen Lichtenau, eodem Der Amtmann gez. Wienecke